Forschungsmaschine: Verschränkte Verfahren von Kunst & Theorie

Volksbühne Berlin, Grüner Salon
Rosa-Luxemburg-Platz
10178 Berlin
Wie durchdringen sich Kunst und Forschung? Welche theoretischen Positionen hat die Kunst aufgenommen oder auf die Probe gestellt? Und welche transformativen Kräfte haben umgekehrt künstlerische Verfahren in der Theorie entfaltet?
Das Symposion öffnet ein Spektrum an künstlerischen Forschungsansätzen und fragt zugleich nach den Wirkungen von ästhetischen Verfahren auf die Theorie. Der Fokus liegt auf den Schnittstellen: Es werden Verbindungen offengelegt, die sich als produktiv für neue Denkformen jenseits der bekannten Einteilung in Kunst und Wissenschaft darstellen. Durch gegenseitige Anleihen, Entwendungen und Anverwandlungen hat sich ein neues Gefüge des Wissens gebildet, in dem sich begriffliches und sinnliches Denken, konzeptuelle und ästhetische Anteile, anders als bislang üblich miteinander verschränken. Neben Präsentationen, Gesprächen und Lecture- Performances werden in einem moderierten Workshop-Programm Forschungsverfahren erprobt und diskutiert.
Das Symposion ist eine Veranstaltung der Gesellschaft für künstlerische Forschung und der Deutschen Gesellschaft für Ästhetik und findet in Kooperation mit dem Grünen Salon, dem DFG-Graduiertenkolleg Das Wissen der Künste der Universität der Künste Berlin und dem Institut für Theorie der Zürcher Hochschule der Künste statt.
Workshop-Programm
Workshop 1 Ausgehend von queerpolitischen und dekolonialen Ansätzen versteht die Session künst- lerische Forschung als kritische Forschung, die sich in und mit kollektiven Prozessen entfaltet. In kurzen Beiträgen stellen die vom Konzept- und Organisationsteam eingeladenen Sprecher_innen, Nathalie Anguezomo Mba Bikoro, edna bonhomme, Coven und Yvette Mutumba, ihre Zugänge vor, um anschließend ihre Arbeitsweisen für eine gemeinsame Methodenerprobung aller Session-Teilnehmer_innen zu öffnen. Teilhabe, Aufzeichnungs- und Publikationsformate werden als Teil künstlerisch-kollektiver Forschung in den Blick genommen und ein aktives Miteinander- Denken aller Teilnehmer_innen initiiert. Dabei werden die Prozesse von den (Auf-)Zeichnungs- methoden aller Teilnehmer_innen, von Verfahren des Radical Note Takings, und den Live-Zeichnun- gen von Natalia Acevedo-Ferreira getragen. Für die Anmeldung zur Session bitten wir die Teilneh- mer_innen um ein kurzes Statement, aus dem das Interesse am Workshop hervorgeht. Die Anmeldung sichert noch nicht die Teilnahme, diese wird per Email bestätigt. Ort: diffrakt | zentrum für theoretische peripherie
Workshop 2 Ein wichtiger Baustein des 2015 gegründeten Harun Farocki Instituts ist das Archiv, in dem ein Teilnachlass des Autors, Regisseurs und Künstlers versammelt ist und nach und nach erschlossen wird. Eine Besonderheit der ver- sammelten Materialien ist, dass es sich dabei nicht um die abgeschlossenen Werke (Filme, Fernseh- produktionen, Videoarbeiten) Farockis handelt, sondern um alternative Fassungen, Schnittreste, Recherchematerialien. Was leitet sich aus solchen „Para-Materialien“ her? Inwiefern können sie das Wissen der Bilder (und Töne), das Farocki stets
zu aktivieren versucht hat, modifizieren, ergänzen oder konterkarieren? Nach einem kurzen Besuch des Institutsarchivs sollen in der gemeinsamen Lektüre kurzer Texte und der konkreten Befragung exemplarischer Archivalien einige Koordinaten der Archivarbeit als Wissenspraxis erschlossen und künstlerisch umgesetzt werden.
Ort: Atelierraum, silent green
Workshop 3 Ausgangspunkt für die Lecture Performance sind die Otherkins und Orlandos, die andere Verwandschaftsbeziehungen und Identitäten besitzen und die als magische Trickster im Körper diverser Spezies leben. Es wird künstlerisch und theoretisch ein Beziehungsgeflecht zur Aufführung gebracht, das methodisch Karen Barad’s „Cutting Together- Apart“ antizipiert. Zwischen Faktischem und Fiktivem oszillierend, stehen Konzepte von narrating identity und doing gender zur Disposition.
Der anschließende Workshop setzt sich anhand des Skripts inhaltlich und methodisch mit dem essayistischen Format der Lecture Performance und ihren künstlerischen und theoretischen Grundlagen auseinander. Ziel des Workshops ist es, gemeinsam weitere Montagen zu erarbeiten und zu diskutieren. Visuelle und textuelle Materialien werden zur Verfügung gestellt.
Ort:Volksbühne Grüner Salon
Workshop 4 Im Workshop werden zunächst ver- schiedene künstlerisch tätige Roboter vorgestellt. Die Teilnehmer_innen sollen dann versuchen, die eigene Arbeit in eine für KI brauchbare Anleitung zu übersetzen. Wenn Zeit bleibt, kann dabei auch der Zweck der Übung rechtfertigt werden wie vor Geldgebern, denen erklärt werden muss, warum ein um ein vielfaches teurerer Roboter diese künst- lerische Arbeit machen soll, wo doch Menschen viel billiger sind.
Ort: Volksbühne Ballettsaal
Workshop 5 The workshop will address the ques- tion of artistic research from the perspective of performance. Like performance practice, thinking is always in the making. How can we relate these two on the level of their activity (rather than on the level of their products)? How do they feed into each other? Can we separate them? How can they transversally travel across and beyond their milieu of production? Following these movements of thought and the movements in space the workshop deals with the production of concepts in move- ment and the choreographic techniques of thinking. Xavier Le Roy (Gießen) and Scarlet Yu (Berlin) work as choreographers and have developed several workshops addressing the relation of choreography, performance and thinking, for example in the frame of “Lebensformen” (HKW 2019). Gerko Egert (Gießen) and Maximilian Haas (Berlin) work as scholars in the field of performance studies.
Ort: Volksbühne Ballettsaal
Workshop 6 Seit etwa 2 Jahrzehnten arbeitet der Komponist Sandeep Bhagwati vorwiegend im Modus des Komprovisierens, d.h. der ästhetisch relevanten, vielschichtigen Verflechtung von Notation und Improvisation, von Komposition und der reichen Kontingenz von Live-Kontexten. Seine künstlerischen Forschungen erstrecken sich dabei von Arbeiten in trans-traditionellen Ensemblesituationen über situative Konzertinstallationen bis hin zur Echtzeitkomprovisation mit immersiven neuronalen Netzen. In seinem Workshop begegnen die Teilnehmer_innen einigen seiner neueren Werke und Forschungen in diesem Bereich und stellen sich praktisch wie theoretisch der Frage, ob aus derartigen komprovisatorischen Praktiken eine andere Art von Musikästhetik hervorgehen kann – und wenn ja, welche das sein könnte. Methoden künstlerischer Forschung werden ebenso angesprochen wie die Suche nach neuen Wurzeln für neue Musik jenseits des euro-logischen Musikmachens. Eingeschriebene Teilnehmer_innen erhalten etwa zwei Wochen vor dem Workshop eine Schau-, Hör- und Leseliste zugeschickt, deren vorheriges Studium beim Workshop hilfreich sein wird.
Ort: Volksbühne Grüner Salon
Eine Veranstaltung der Gesellschaft für künstlerische Forschung (gkfd)